Allgemeines zu den Seminaren
Zielsetzung
Mit den mathematischen Seminaren verfolgen wir drei Ziele:
1) Intensive Beschäftigung mit einem mathematischen Thema außerhalb oder am Rande der Schulmathematik2) Schaffung von Kontaktmöglichkeiten zwischen Jugendlichen mit ähnlich gelagerten Interessen
3) Anregung zur Beschäftigung mit außermathematischen Fragestellungen und mit Grenzbereichen der Mathematik durch Vorträge
Mathematische Inhalte und Arbeitsweise
Die Themen werden so gewählt, dass die erforderlichen Vorkenntnisse aus der Schulmathematik möglichst gering sind. Zusätzlich werden die Arbeitsmaterialien so aufgebaut, dass anfängliche Unterschiede rasch aufgefangen werden. Einige der Themen waren:
Problemlösestrategien (vollständige Induktion, Schubfachprinzip, Extremalprinzip, Invarianzprinzip, Ungleichungen)
Zahlentheorie (Rechnen mit Kongruenzen, Satz von Fermat, Eulersche phi-Funktion, Diophantische Gleichungen, Verschlüsselung)
Geometrie (Randwinkelsatz mit seinem Umfeld, Goldener Schnitt, Abbildungen und Ornamente, Flächensätze, Inversion am Kreis)
Wahrscheinlichkeitsrechnung
Topologie (Graphen, Knoten)
Logik
Das charakteristische Merkmal der Seminarwochen liegt aber nicht im mathematischen Inhalt, sondern in der Arbeitsweise. Begünstigt durch einen großzügigen Zeitrahmen und losgelöst vom 45-Minutentakt des Unterrichts versuchen wir, die Schüler selbst schöpferisch tätig werden zu lassen. Dieses Ziel ist ein wesentliches Kriterium bei der Wahl des Themas. Bei der Abfassung der Arbeitsblätter geben wir deshalb außer den Übungsaufgaben zur Vertiefung der neuen Inhalte auch offene Fragestellungen (Forschungsaufträge) vor. Diese Strategie gestattet es, die unterschiedlichen Arbeitsgeschwindigkeiten auszugleichen. Außerdem ermuntern wir die Seminarteilnehmer, die Problemstellungen gegebenenfalls arbeitsteilig in kleinen Gruppen zu behandeln und selbständig zu vertiefen. Das zentrale Ziel besteht nicht in der Vermehrung von reproduzierbaren Wissen, sondern in der Aneignung von Wegen, Wissen zu erwerben.
Jede Arbeitsphase umfasst einen Zeitraum von ca. drei Zeitstunden. In einer kurzen Einführung von 20 bis 30 Minuten werden die Schüler auf die Problemstellung vorbereitet und ziehen sich dann für etwa 1½ Stunden in Einzel - und Gruppenarbeit zurück. Jede Seminarwoche enthält in der Regel fünf solcher Arbeitsphasen. Während dieser Arbeitsphasen stehen die betreuenden Lehrer für die Beantwortung von Fragen bereit. Sie werden dabei von zwei älteren Schülern bzw. Studenten unterstützt. Diese Tutorentätigkeit wird von (ehemaligen) Teilnehmern der Seminare sehr gerne übernommen. Nach jeder Arbeitsphase werden die Ergebnisse im Plenum diskutiert. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Teilnehmer die erforderlichen Vorkenntnisse für die weitere Arbeit haben.
Durch diese Arbeitsweise bedingt, ist der Ablauf der Seminarwoche nicht perfekt planbar. Man muss auf überraschungen inhaltlicher und didaktischer Art gefasst sein. Dass sich die einzelnen Gruppen während dieser Phase sehr unterschiedlich entwickeln, nehmen wir in Kauf. Trotz der Risiken möchten wir im Grundsatz an dieser Arbeitsweise festhalten. Sie erweitert und verändert für viele Teilnehmer das Bild, das sie zuvor von der Mathematik hatten. Die gemeinsame Arbeit an einer mathematischen Problemstellung ist für die Schüler eine neue, beeindruckende Erfahrung. Gleiche Erfahrungen bei den Seminaren für die Preisträger am Bundeswettbewerb zeigen, dass solche Veranstaltungen auch für bereits erfolgreiche, mathematisch begabte Schüler sinnvoll sind.
Umfeld und Rahmenprogramm
Die Seminare führen wir in Bildungshäusern meist kirchlicher Träger in verschiedenen Regionen Baden-Württembergs durch. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung werden vom Kultusministerium und vom Förderverein übernommen, so dass für die Schüler nur die Fahrtkosten und das Taschengeld anfallen.
Neben der Mathematik kommt auch das gesellige Beisammensein sowie sportliche und musikalische Unternehmungen nicht zu kurz. Diese Unternehmungen fördern den Kontakt zwischen den Teilnehmern und sind somit wichtige Bestandteile der Seminartage. Sie unterstützen ebenso das wechselseitige Kennenlernen wie Schülerreferate über ihre mathematischen Arbeiten oder ausgefallene Hobbys. Die Bandbreite dieser Schülerreferate reichte z. B. bei einer der zurückliegenden Veranstaltungen von einer Einführung in das GO-Spiel, über Schach, bis zu Zwei - und Dreiecken auf der Kugeloberfläche, Verschlüsselungsmethoden und Origami. Die Teilnehmer werden stets auch gebeten, Musikinstrumente bzw. Noten fürs Klavier mitzubringen, was bei dem angesprochenen Seminar dazu führte, dass am Abschlussabend Klarinette, Flöte, Geige, Trompete und mehrfach Klavier zur Unterhaltung beitrugen.
Während der Seminartage wird der Bedarf nach einem Gedankenaustausch mit gleichgesinnten und ähnlich begabten Jugendlichen spürbar. Die Erfahrung, dass sie nicht trotz, sondern wegen ihrer mathematischen Interessen von Gleichaltrigen als Gesprächspartner angenommen werden, ist für viele Teilnehmer neu. Diese sich bietende Chance wird intensiv genutzt. Sie machen die Nacht zum Tage, ohne dass dadurch die Belastbarkeit für die Arbeit am vorgegebenen mathematischen Thema leidet. Mehrfach haben sich auch schon Gruppen von Seminarteilnehmern auf eigene Initiative getroffen oder sind zumindest in Kontakt geblieben.
Neben diesen Aktivitäten der Teilnehmer möchten wir den Jugendlichen bei jedem Seminar durch einen Vortrag, eine Führung oder eine Fahrt Anregungen aus dem kulturellen Bereich geben, um damit die vielfältigen Begabungen anzusprechen und die Persönlicheitsbildung zu fördern. In diesem Rahmenprogramm finden dann auch regionale Besonderheiten Beachtung:
Besuch im Kiepenheuer-Institut auf dem SchauinslandFührung in und am Freiburger Münster zum Thema Mathematik am Bau
Führung im Kloster Bronnbach und Besuch einer Hammerschmiede
Führung in einer Orgelfabrik in Weikersheim
Kunsthistorische Fahrt zu verschiedenen Werken von Matthias Grünwald
Gesprächskreis zum Thema "Der erste Weltkrieg in Presse und Literatur"
Besuch der Kepler-Sternwarte in Weil der Stadt
Führung durch die historische Altstadt von Esslingen
Wanderung und Besichtigung der Burg Hohenzollern
Besuch verschiedener Museen in Stuttgart und Tübingen