30 Jahre später

Unsere Preisträgerseminare sind ein wesentlicher, um nicht zu sagen unverzichtbarer Bestandteil der Förderung für unsere Preisträgerinnen und Preisträger. Das Ermöglichen von Kontakten zwischen Schülern mit ähnlichen Interessen steht dabei gleichberechtigt neben der Vermittlung mathematischer Fähigkeiten.

Im Jahr 2022 hat Franz Amann, der den Landeswettbewerb mitgegründet und bis 2001 geleitet hat, nachgeforscht, welche Rolle die Seminare für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ersten Jahre gespielt haben, und welche Berufswege sich ergaben. Viele der angeschriebenen ehemaligen Preisträger haben uns erlaubt, ihre Antworten hier zu veröffentlichen. Lange Jahre hindurch haben wir übrigens auch Seminare für die baden-württembergischen Preisträger des Bundeswettbewerbs Mathematik (BWM) veranstaltet - dies zur Erläuterung einiger der folgenden Zitate.

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Ich erinnere mich doch nur zu gut an die drei Preisträgerseminare vom Landes- und Bundeswettbewerb Mathematik, an denen ich teilnehmen durfte. Die Seminare haben ganz wesentlich mein Interesse an der Mathematik verstärkt. Ich habe dann Medizin studiert - im 1. Semester zudem noch Diplom Mathematik. Seit 2015 habe ich den Lehrstuhl für Virologie an der Uni Würzburg. In meiner Forschung mache ich Systembiologie von Virusinfektionen, wo die mathematische Ausbildung sehr von Vorteil ist.
   Lars Dölken (Professor für Medizin, Würzburg)

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Die Seminare waren sehr motivierend für mich. Es war eigentlich so, dass ich das Gefühl hatte, in der für mich richtigen Gruppe von Menschen angekommen zu sein. Ich fand die anderen Teilnehmer faszinierend. Diese Tage in den Seminaren waren sehr intensive und ereignisreiche Zeiten im Jahr. Die Seminare haben mich sehr darin bestärkt, Mathematikerin zu werden, denn die Hoffnung war, ebenso interessante Kollegen zu haben, wie die Gesellschaft in den Seminaren.
   Anna Fukshansky (Mathematik- und Informatikstudium, Promotion in Mathematik)

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... Ich habe die Seminare noch immer in sehr guter Erinnerung. Tatsächlich haben sie entscheidend dazu beigetragen, dass ich mich für ein Mathematikstudium entschieden habe und schließlich auch, dass ich mich für den Beruf eines Mathematikers entschlossen habe. Außerdem waren die Seminare und Wettbewerbe für mich ein sehr hilfreicher Einstieg in die Welt der Mathematik, den der Schulunterricht gar nicht bieten konnte.
   Peter Fiebig (Mathematikprofessor, Erlangen)

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... Ich würde sogar sagen, ohne der damaligen Motivation über die Seminare wäre heute sicherlich nicht das aus mir geworden, was ich heute bin. Ich bin außerordentlich dankbar dafür. ... Über die damals geknüpften Kontakte zu anderen gleichgesinnten Schülerinnen und Schülern ist teilweise mehr geworden. Nicht nur, dass heute viele der Ehemaligen meine Kolleginnen und Kollegen geworden sind.
   Karin Halupzok (PD Mathematik Uni Düsseldorf)

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… Tatsächlich haben mich die Preisträgerseminare und vor allem auch die anderen Teilnehmer_innen damals sehr begeistert und ganz sicher gedanklich in Richtung eines Mathematikstudiums bewegt. Aus einer Reihe von Nachtreffen zu diesen Seminaren ist damals auch der Verein "Grips" entstanden, den wir dazu benutzt haben, um miteinander in Kontakt zu bleiben.
   Hendrik Kasten (Promotion in Mathematik, Akademischer Oberrat an der Uni Heidelberg)

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... die Preisträgerseminare sind eine große Inspiration für die Teilnehmer. In meinem Fall waren sie definitiv eine große Bestärkung, sich weiter mit Mathematik zu beschäftigen. Im normalen Klassenverband war ich mit meiner Vorliebe zur Mathematik oft ein bisschen alleingelassen, aber unter den Seminarteilnehmern habe ich feststellen dürfen, wie erfüllend es sein kann, die Liebe zur Mathematik mit anderen Begeisterten zu teilen.
… Die Freundschaften, die in den Seminaren entstanden sind, halten bei mir teilweise schon über 25 Jahre und sind auch Teil meines wichtigen beruflichen Netzwerkes geworden! Tatsächlich bin ich davon überzeugt, dass es vor allem für Mädchen oder andere "underrepresented minorities" von unheimlich großer Bedeutung ist, andere mathematikliebende Schülerinnen und Schüler kennenzulernen und früh Kontakte in ein Netzwerk von Mathe-Liebhabern zu knüpfen.

   Hannah Markwig (Mathematikprofessorin, Uni Tübingen)

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Für mich waren die Seminare schon ein Stück weit eine ganz neue "mathematische Erfahrung", da sowohl in meinem schulischen als auch privaten Umfeld ich der einzige war mit dieser Begeisterung für Mathematik. Und in den Seminaren waren es auf einmal alle!
   Marcus Oswald (Promotion in Mathematik, IMO 1989 Bronze, 1990 Bronze)

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Die Seminare waren für mich ein ausgesprochen wichtiger Teil meiner Schulzeit und haben in der Tat wesentlich dazu beigetragen, nicht nur meine Mathematikbegeisterung weiter zu schüren, sondern auch Netzwerk zu formen, die zum Teil bis heute anhalten. Vielen, vielen Dank für das Engagement der Arbeitsgruppe– es hat wesentlichen und nachhaltigen “Impact” nicht nur bei mir, sondern sicherlich bei fast allen Teilnehmern gehabt.
   Andreas Schäfer (Professor für Neurowissenschaften, London)

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... Der Landeswettbewerb Mathematik ist mir sehr gut in Erinnerung geblieben, insbesondere die Preisträgerseminare! Ich habe mich immer sehr gefreut, an diesen teilnehmen zu dürfen. Neben den interessanten Themen, die dort behandelt wurden, habe ich dort auch gelernt, meine ersten "wissenschaftlichen" Vorträge zu kleineren mathematischen Sachverhalten zu halten. Von all diesen Erfahrungen habe ich in meiner Laufbahn sehr viel profitiert, insbesondere beim Einstieg in das Studium, aber auch zu späteren Zeiten. Neben den inhaltlichen Aspekten, hat mir die Gemeinschaft mit den anderen Teilnehmern der Seminare durch das gemeinsame Arbeiten und die gemeinsam verbrachte Freizeit viel gegeben. Mit einigen wenigen habe ich bis zum heutigen Tag noch Kontakt.
   Zsuzsanna Slattery-Major (Promotion in Physik, GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt)

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Mir sind die Landeswettbewerbe in sehr guter Erinnerung; sie haben sicher zu meiner Begeisterung für die Mathematik viel beigetragen und mich auch bestärkt, bei den Bundeswettbewerben teilzunehmen und später zumindest bis zum Vordiplom auch das Mathematik-Programm mitzustudieren. Ich war vor meiner jetzigen Stelle in Göttingen auch tatsächlich lange Jahre Professor am King's College London im Department of Mathematics(!), obwohl ich mich letzten Endes doch als theoretischen Physiker bezeichnen würde.
   Peter Sollich (Professor für theoretische Physik, Göttingen)

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Den Einfluss, den die Wettbewerbe und Seminare für meine Entwicklung und meinen Freundeskreis gehabt haben, kann man nicht groß genug einschätzen. Schon in Freiburg am Bahnhof traf ich das erste Mal im Juni 1988 auf J. P., der mir dann bis heute ein guter Freund geworden und geblieben ist. Eine lange Reise, die ihren Anfang im allerersten Landeswettbewerb Mathematik genommen hat, die uns zusammen in die erfolgreichen IMO-Mannschaften gebracht hat und nun beide zu Professoren in der Mathematik mit einer Aufgabe im Auswahlausschuss des Bundeswettbewerbs Mathematik gemacht hat.
Viele der Freudinnen und Freunde vom ersten Seminar habe ich über viele Jahre begleitet. Wir haben uns parallel zu den Wettbewerbsseminaren häufiger privat getroffen: es gab die "inoffiziellen Nachtreffen" mit bis zu 10-20 Teilnehmern in Jugendherbergen, z.B. in Karlsruhe, oder Fahrten in den Europapark in Rust, etc. ...
Der Landeswettbewerb hat mir unendlich viel bedeutet und mir als Sprungbrett Möglichkeitsräume erschaffen, die mich letztlich dahin gebracht haben, wo ich nun in der Mathematik stehe. Ich habe und werde nie vergessen, wo ich herkomme!

   Jakob Stix (Mathematikprofessor, Uni Frankfurt, Internationale Mathematikolympiade 1991 Silber, 1992 Silber, 1993 Gold)

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Die Aktivitäten haben mir damals großen Spaß gemacht, und ich habe noch lange Zeit Kontakt gehalten (per Brief) mit einigen den ehemaligen Teilnehmer. Es gab damals ja noch die Preisverleihungen (bei Bosch) für den Bundeswettbewerb, bei denen ich andere junge Leute kennengelernt habe, die sich für Physik und Mathe interessierten. Es gab in meiner Zeit noch die andere Initiative von Frau Prof. Kalmbach, Ulm, die eine Woche in Konstanz organisiert hat. ... Ja das war alles toll und fördernd, und ich war beim Abitur etwa ein Jahr voraus im Studium.
   Kay Wiese (Studium M/Ph in Heidelberg, Seit 2019: Directeur de Recherche DR1 au CNRS, CNRS-Laboratoire de Physique de l'Ecole Normale Supérieure, Paris)

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... der Bundeswettbewerb Mathematik und die Seminare waren für mich eine wunderbare Erfahrung, die Mathematik von einer anderen, sehr kreativen Weise zu erfahren, außerdem ähnlich denkende junge Leute zu treffen und endlich auch einmal an meine mathematischen Grenzen zu stoßen, bzw. herausgefordert zu werden. In der Schule mochte ich sie zwar immer gerne, aber der BWM hat mir geholfen, eine Leidenschaft daraus zu machen. Dafür möchte ich Ihnen hiermit endlich einmal danken.
Zwar bin ich im Ingenieursbereich gelandet und nicht in der Mathematik, aber meinen Kindern erzähle ich immer vom BWM, was es hier nun leider nicht gibt in Quebec.

   Anne Winkelmann (Bauingenieurin, Spezialgebiet Passivhäuser, Quebec)

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… bin ich absolut davon überzeugt, dass Ihre Arbeit absolut wichtig für die Entwicklung der überwiegenden Zahl der Teilnehmenden ist und war, und kann Ihnen nur mit jahrzehntelanger Verspätung dafür nochmals großen Dank aussprechen.
   Martin Härterich (Promotion in Mathematik, Internationale Mathematikolympiade 1985 Bronze, 1986 Gold, 1987 Gold, 1988 Silber, 1989 Gold, Research Expert bei SAP Security Research)